"Saude" prosten mir zum tausendsten Mal an diesem Tag die beiden Lasterfahrer zu. Seit Stunden sitzen wir hier in dieser schäbigen Bar an der Transamazonica fest. Der strömende Regen macht ein Weiterkommen schier unmöglich. Seit den frühen Morgenstunden schüttet es wie aus Kübeln und die Piste besteht nur noch aus unpassierbarem Matsch und Schlamm. Dabei bin ich noch heilfroh, es bis hierher geschafft zu haben. Eineinhalb Stunden habe ich gebraucht, um mein lehmverschmiertes Fahrrad die letzten 3 Kilometer bis hierher zu zerren. 2 Lkws und ein Pickup waren schon vor mir hier, auch für sie gab es kein Entkommen vor der tropischen Schlechtwetterfront. Zusammen vertreiben wir uns die Zeit so gut es geht, der Wirt freut sich über soviel unerwarteten Umsatz.Begonnen hatte alles vor ein paar Wochen in Belem, an der Mündung des Amazonas in den Atlantik. Bis nach Bolivien wollte ich die Transamazonica mit dem Fahrrad bezwingen, aber jetzt scheint mir tagelanges Regenwetter einen Strich durch die Rechnung zu machen. Nur wenige Touristen verirren sich in diese Ecke Brasiliens, und kaum einer mit dem Fahrrad. Das Amazonasbecken umfaßt ungefähr 6,5 Millionen km2, zugehörig zu Bolivien, Peru, Ecuador, Kolumbien, Venezuela, Guyana, Surinam, Französisch Guyana und Brasilien. Allein der brasilianische Anteil bemißt über 4 Millionen km2, also gut zwei drittel des südamerikanischen und 1/3 des weltweiten Regenwaldgebietes. Nur zwei "Straßen" durchqueren dieses riesige Gebiet: eine von Nord nach Süd, von Boa Vista an der venezuelanischen Grenze, über Manaus und Porto Velho nach Cuiabá, dem Eingangstor zum Pantanal. Die andere, die Transamazônica, verläuft in Ost-West-Richtung vom Atlantik bis zum brasilianischen Bundesstaat Acre, an der Grenze Brasiliens zu Peru und Bolivien. Die Transamazonica ist ein Überbleibsel des großangelegten "Land ohne Leute für Leute ohne Land"-Programms der brasilianischen Militärdiktaturen in den 70ern. Von den einst hochgesteckten Zielen ist wenig geblieben, heute ist die Transamazonica eine teils verlassene, zur Regenzeit völlig unpassierbare Schneise durch den Dschungel. Dort wo sich die "Zivilisation" festsetzen konnte hat der Wald zurückweichen müssen, was selbst auf Satellitenbildern deutlich zu erkennen ist. Die im folgenden beschriebene Radtour wurde im Oktober und November 1999 durchgeführt, 3.000 km von Belém am Atlantik bis Rio Branco im Dreiländereck Brasilien/Bolivien/Peru. Eigentlich hatte ich ja nicht vor, meine Urlaubserlebnisse im WWW zu veröffentlichen, aber nachdem mich mehrere Freunde von der Touring@phred.org Mailing List um E-Mail-Reports gebeten haben, habe ich mich halt doch breitschlagen lassen. Die folgenden Texte wurden in ihrer Originalversion während der Tour erfasst und an ebendiese Mailingliste geschickt.<-- weiter mit Teil 1 |
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