Di, 01.11
Mangue Seco – Barra de Itariri
Also lege ich mich nochmal aufs Ohr, als ich endlich loskomme ist es schon fast 8. Der einzige Weg vor an den Strand führt über die schneeweißen Dünen, und die sind um 8 Uhr morgens bereits glühend heiß. Ungefähr einen halben Kilometer muss ich mein Rad durch den weichen, heißen Sand zerren, dann geht’s auf dem betonharten, topfebenen Sandstand ab wie auf der Rennbahn.
50 Kilometer sind es bis zur nächsten nennenswerten Ortschaft, und ausgerechnet hier lässt mich plötzlich meine Vorderradnabe im Stich. Mit einem Mal fängt das Ding an zu rumpeln und zu scheppern. Unglaublich. Ich denke mir, das renkt sich schon wieder ein, ist aber nix. Es kracht immer lauter, das klingt gar nicht gesund. Und das auf dieser schönen „Autobahn“.
Laut Landkarte gibt es auf halber Strecke ein kleines Nest namens Costa Azul. Dort liegt ein alter, versenkter Dampfer, sonst ist da nix. Inzwischen habe ich das Vorderradlager völlig ausgeräumt, ich fahre jetzt auf den Lagerschalen weiter. Natürlich schlackert das Vorderrad jetzt unkontrollierbar hin und her, aber nach ein paar Kilometern hat sich die Lagerschale eine ausreichend tiefe Rille in die Achse eingefräst, um etwas Führung zu haben. Jetzt fährt es wieder viel ruhiger, wenn auch das Vorderrad völlig schepps drinhängt.
Zwei Fischer fahren mich über der Rio Itapicuru, dann ist es zum Glück nicht mehr weit nach Sitio de Conde. Dort kann ich für 3 Real (ca. 1 Euro) ein neues Vorderlager einbauen lassen. Viel weiter hätte ich nicht mehr fahren dürfen, die Achse war schon fast durchgefräst. Ich lasse auch gleich den Hinterradreifen etwas härter aufpumpen, ein Fehler, wie sich kurz darauf herausstellt.
Zur Zeit ist es mit dem Timing ein bisschen blöd, denn die Flut setzt genau dann ein, wenn die unerträgliche Mittagssonne nachlässt. Ich will heute noch ein Stück weiter kommen, aber mit hereinbrechender Flut ist am Strand nur noch schiebend voranzukommen. Also ab ins Hinterland, da sollte irgendwo eine Piste verlaufen. Aber wie rüberkommen? Hohe Dünen schneiden mir den Weg ab, und dahinter nichts als Dornengestrüpp.
Endlich finde ich eine Stelle, um rüber auf die Piste zu gelangen. Doch als ich gerade die Düne runterklettere sehe ich, das der hintere Reifen seitlich aufgeplatzt ist, der Schlauch quillt in einer dicken Blase heraus. Mist! Hätte ich vorhin nur nicht so doll aufgepumpt. Was jetzt? Den ganzen Weg zurück nach Sitio? Ich entscheide mich dann doch zur Weiterfahrt auf der elenden Sandpiste, die kaum besser als der geflutete Strand ist. Und ich habe Glück. Im heutigen Etappenziel, Itariri, gibt es alles, was das Herz begehrt. Herrliche Strandbuden an der Flussmündung, eine nette Pousada, und eine Bicicletaria, die mir einen neuen Hinterreifen montiert.
Mi, 02.11
Mangue Seco – Porto Sauipe
Bis ich früh wach werde und los komme ist es schon nach 6. Ist aber nicht so schlimm, die Ebbe lässt eh noch auf sich warten. Ein Fischer ist schnell gefunden, der mich für ein Bier auf die andere Seite rudert. Dann geht’s los, nichts als Strand.
Bei Baixia stehe ich wieder einmal an einem größeren Fluss, (die unzähligen kleinen, die man durchwaten kann, zähle ich schon gar nicht mehr), am gegenüberliegenden Ufer stehen ein paar Fischerhütten, aber da gerade ein Gewitter aufzieht ist alles verrammelt und verriegelt. Das ist jetzt blöd, zum rüberschwimmen ist die Strömung viel zu stark.
Dann kommt aber von irgendwoher aus den Mangroven ein Kanu angerudert. Ein alter Fischer hat mich hilflos am Ufer gesehen und kommt jetzt extra her, um mich rüber zu bringen. Das ist wirklich sehr nett von ihm.
Heute fahre ich öfters über etwas gröberen Sand, da komme ich nicht ganz so leicht voran. In Subauma sitze ich die Mittagssonne an einer Strandbar aus, außer mir sind die einzigen Gäste eine nette Familie aus dem Hinterland, bei denen ich mich natürlich gleich wieder festquatsche. Dann schaffe ich es gerade noch bis in den nächsten Ort, Sauipe, bevor die Flut am frühen Nachmittag komplett zuschlägt.
Der Ort selber ist ganz nett, richtig schön wird’s aber erst ein paar Kilometer außerhalb an der Flussmündung. Dort bin ich an den zahlreichen Strandbars der einzige Gast, abends kann ich meine Hängematte an einer der Hütten aufschlagen. Eine Mitfahrgelegenheit bei einem Fischer morgen früh auf die andere Flussseite hat „Barbudinho“, der Hüttenwirt, auch noch für mich organisiert, bevor er seinen Laden zumacht.
Es schläft sich herrlich bei Wellenrauschen und kühlem Seewind.
Do, 03.11
Porto Sauipe – Barra do Jacuipe
Eine herrlich ruhige Nacht in der Hängematte. Nur gegen morgen wird es etwas frisch, da werfe mir dann doch noch die bisher nie benutzte Regenjacke als Schlafsackersatz über.
Als ich um 5 wach werde sehe ich gerade noch meine Mitfahrgelegenheit nach drüben verschwinden. Also lege ich mich noch mal hin, als ich um 6 zusammenpacke sitz „Barbudinho“ schon am Strand und flickt seine Bambussonnenschirme.
Als er hört, das mich sein Kumpel vergessen zieht er ein winziges Plastikboot aus dem Schuppen, das Rad passt gerade so noch drauf, Barbudinho paddelt was das Zeug hält und ich schwimme hinterher. Nur mit der Strömung habe ich mich leicht vertan. Ich muss eine ordentliche Schlagzahl vorlegen um nicht ins offene Meer gespült zu werden.
Die Flut steht noch immer ziemlich hoch, der Sand ist ziemlich weich, aber ich komme einigermaßen voran. Kurz nach 8 bin ich in Imbassai. Dort fließt ein Fluss etliche hundert Meter parallel zum Strand, auf der schmalen Landzunge zwischen Meer und Fluss gibt es schöne Strandbuden, die aber um diese Uhrzeit leider noch geschlossen sind. Immerhin, eine Limo kann ich doch noch auftreiben, dann heißt es weiterfahren, um die einsetzende Ebbe auszunutzen.
Bis zum Nobel-Ferienort Praia do Forte zieht es sich, es gibt immer wieder Stellen mit grobem Sand, die man nur schieben kann.
Schieben muss ich jetzt auch immer öfter, um festungsartige Reiche-Schnössel-Anlagen zu überwinden. Einmal werde ich sogar von den „Men in black“ verfolgt, als ich in einem Millionärsclub über den Golfrasen radle, nachdem die dort illegalerweise den Strand abgezäunt hatten.
Salvador ist jetzt nicht mehr weit, die Ortschaften liegen jetzt dichter beieinander, mit unberührten Stränden ist es nun also vorbei.
Zum ersten mal seit Porto de Galinhas sehe ich heute auch mal wieder Touristen am Strand herumliegen, auf den letzen 700 Kilometern habe ich mich echt gefragt wo die alle stecken. Sind aber auch wirklich herrliche Strände hier.
Am frühen Nachmittag schlägt die Flut wieder zu so dass ich in Barra de Jacuipe für heute Feierabend mache. Eigentlich macht man hier auf Nobeltourismus, zum Glück liegen die abgezäunten Touristenghettos etwas weiter hinten. Vorne an der Flussmündung gibt es noch ein paar Fischerhütten mit angeschlossener Strandbar, wo ich nach einem gelungenen Abend auch gleich meine Hängematte aufschlagen darf.
Fr, 04.11
Barra do Jacuipe – Salvador
Nach einer geruhsamen Nacht in der Hängematte lasse ich es heute ruhig angehen, es ist sowieso noch Flut.
Ein Fischerboot ist gerade nirgends zu sehen, also fahre ich, vorbei am künstlich angelegten (und vollständig eingezäunten) Touristendorf ein paar Kilometer ins Hinterland und dort über die Straßenbrücke.
Das war ein Fehler, denn jetzt stehe ich hier auf der „Estrada de Coco“, der Hauptstraße von Salvador in Richtung der nördlichen Strände, und komme mangels legaler Zufahrt nicht mehr zurück an den Strand!!! Alle Zufahrten sind privat und werden vorne an der Straße von schwer bewaffneten Sicherheitstrupps abgeriegelt.
Deswegen waren die also gestern alle so überrascht, als ich da plötzlich aufgetaucht bin, mit einem Eindringling von hinten rechnet hier wohl niemand.
Erst nach gut 20 Kilometern finde ich kurz vor Arembepe einen Schleichweg zurück an den Strand. Arembepe, ehemaliges Hippy- und Aussteigerdomizil, ist eher enttäuschend, alles schaut ziemlich abgegammelt und heruntergewirtschaftet aus, man lebt wohl nur noch vom guten Klang des Namens.
Ich nähere mich langsam der Peripherie Salvadors, am Horizont sind schon die Hochhäuser zu erkennen. Zu fahren geht es jetzt nicht mehr so gut, je näher man an Salvador kommt desto mehr Felsen liegen am Strand, ich stoße auch immer wieder auf groben Sand; da hilft oft nur noch schieben.
Am frühen Nachmittag erreiche ich den Leuchtturm von Itapoa, den schönsten Strand Salvadors. Dort gönne ich mir zwischen unzähligen Touristen meinen Zielcaipirinha. Die letzten Kilometer in die Altstadt fahre ich dann über die Uferpromenade.
Und hier noch ein paar Bilder aus Bahia:
Sonnenuntergang über der Bahia de Todos os Santos
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