Eine Radtour am Strand entlang, das klingt nach wenig Stress, weder für Fahrer noch fürs Material. Was liegt also näher, als sich vor Ort sozusagen im wahrsten Sinne des Wortes ein „Einwegrad“ zuzulegen. Für 179 Real, das sind umgerechnet gerade mal 70 Euro, kann ich in einem Kaufhaus in Recife ein Billigrad der brasilianischen Marke „Prince Bike“ erstehen. Mit ein bisschen Verhandlungsgeschick bekomme ich es sogar komplett montiert und kann mich auf den 5 Kilometern bis zum Hotel durch den dichtesten Berufsverkehr schon mal an den brasilianischen Fahrstil gewöhnen.
Fr, 21.10
Recife – Porto de Galinhas
So richtig zufrieden bin ich noch nicht mit meinem neuen Rad. Aber gleich nach den ersten Mangrovensümpfen auf dem Weg ins Hinterland entdecke ich eine Bicicletaria, genau gegenüber einer Bar. Während die Jungs im Fahrradladen schrauben was das Zeug hält lasse ich mir ein kühles Bier schmecken. Der Besitzer der Bar ist gebürtiger Portugiese, schön, auch in Brasilien mal Wörter mit „L“ am Schluss zu hören... Umgerechnet 2 Euro hat mich dieser Zwischenstopp gekostet, 1,30 fürs Bier und 70 Cent für einen kompletten Kundendienst.
Mit frisch geölter Kette und fein justierten Gängen geht’s jetzt zur Sache. 10 Kilometer muss ich auf der BR 101 durchstehen, der LKW-Rennstrecke, die Brasilien fast komplett in Küstennähe von oben nach unten durchläuft. Zum Glück kann man meistens auf einen breiten Seitenstreifen ausweichen, Spaß macht das hier allerdings nicht. Jeder Laster, der vorbeidonnert, wirbelt einem Unmengen Sand und Staub in die Augen.
Am frühen Nachmittag erreiche ich bei Porto de Galinhas wieder das Meer. Glasklares Wasser, kilometerlange, palmengesäumte Sandstrände in einer von Riffen geschützten Bucht, Jangadas, die einen bei Ebbe raus zu den Riffen bringen, quirliges Strandleben, hier kann man es aushalten.
So, 23.10
Porto de Galinhas – Tamandaré
Dann bringt mich ein Floß auf die andere Seite des Flusses. Es geht etliche Kilometer entlang einsamer Buchten, bis ich schon wieder vor einem breiten Fluss stehe. Auf der anderen Seite liegt Barra do Sirinhaém, zahlreiche Badegäste vergnügen sich dort am Strand, aber auf „meiner“ Seite ist weit und breit niemand zu sehen, der mich rüberpaddeln könnte. Aber da, ein Stück flussaufwärts, da bewegt sich was. Und tatsächlich, ein paar hundert Meter flussaufwärts stehen ein paar Luxusvillen mit davor ankernden Luxusjacht, und direkt dazwischen legt eine kleine Fähre an. Sogar mit „Fahrradanhänger“, also einem kleinen Floß im Schlepptau.
Der nächste größere Fluss, der Rio Formoso, macht mir Sorgen. Da hab ich noch keine Ahnung, wie ich rüber kommen soll. Dort gibt es nämlich jede Menge Mangrovensümpfe, der Fluss ist im Mündungsbereich über einen halben Kilometer breit und mangels Ortschaft wird man dort wohl keinen regulären Fährdienst vorfinden.
Aber ich habe Glück. Mitten in den Mangroven gibt es ein großes Restaurant mit Bootsanlegestelle. Eigentlich werden hier Touristen aus einem der „Ressorts“ gegenüber oder gar aus Tamandaré angelandet, um sich die Mangroven anzuschauen und natürlich um die Kassen des ansonsten doch etwas abseits gelegenen Restaurants klingeln zu lassen. Als ich da aus heiterem Himmel mit meinem Rad aufkreuze werde ich sogar kostenlos mit rüber genommen.
Die restlichen 10 Kilometer bis Tamandaré sind aufgrund der immer noch herrschenden Flut etwas mühsam, die parallel verlaufende Straße besteht aber aus noch tieferem Sand und ist damit auch keine Alternative. Rechzeitig bei Einbruch der Nacht (um halb 6) erreiche ich den „Stadtstrand“, dort finde ich neben einer gemütlichen Pousada ein paar noch geöffnete Strandbars für einen gemütlichen Tagesausklang.
Mo 24.10
Tamandaré – Sao José da Coroa Grande
Danach geht es weiter durchs Mangrovendickicht, nach wenigen Minuten stehe ich jedoch schon wieder an einem Fluss. Auch der ist nur ein paar Meter breit, aber viel zu tief und außerdem zu schlammig, um zu Fuß rüber zu kommen. Ich probiere es wieder flussaufwärts, aber da wird es auch nicht besser. Nach fast einer Stunde Sucherei im Dickicht stehe ich wieder vorne an der Mündung. Inzwischen ist das Wasser etwas abgesunken, ich probiere es noch mal ganz vorne an der Brandung, und siehe da, ich finde eine Stelle an der ich gerade so rüber komme. Auch die restlichen Mangroven kann ich jetzt bei Ebbe „vornerum“ umgehen, mit dem Rad auf dem Buckel, bis ich endlich wieder freie Fahrt habe.
Am frühen Nachmittag erreiche ich Sao José, dort gefällt es mir so gut, das ich für heute Schluss mache. Direkt am Ortsrand verläuft die Staatsgrenze, morgen früh geht es bereits rüber nach Alagoas.
Und hier noch ein paar Bilder aus Pernambuco:
Endloser Strand bei Barreiros
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