Brasiliens Nordosten

Teil 1

Pernambuco

Do, 20.10
Recife

Eine Radtour am Strand entlang, das klingt nach wenig Stress, weder für Fahrer noch fürs Material. Was liegt also näher, als sich vor Ort sozusagen im wahrsten Sinne des Wortes ein „Einwegrad“ zuzulegen. Für 179 Real, das sind umgerechnet gerade mal 70 Euro, kann ich in einem Kaufhaus in Recife ein Billigrad der brasilianischen Marke „Prince Bike“ erstehen. Mit ein bisschen Verhandlungsgeschick bekomme ich es sogar komplett montiert und kann mich auf den 5 Kilometern bis zum Hotel durch den dichtesten Berufsverkehr schon mal an den brasilianischen Fahrstil gewöhnen.

Fr, 21.10
Recife – Porto de Galinhas

Am nächsten Morgen geht’s los. Die Fahrt aus Recife heraus gestaltet sich einfacher als befürchtet. Die ersten 20 Kilometer kann man, vorbei am berühmten, aber eigentlich ziemlich hässlichen Touristenmekka Boa Viagem, am Strand entlang fahren. Dann versperren etliche Flüsse, Sümpfe und Industriegebiete den Weg, so dass man zu einem weiten Schlenker ins Hinterland gezwungen wird.

So richtig zufrieden bin ich noch nicht mit meinem neuen Rad. Aber gleich nach den ersten Mangrovensümpfen auf dem Weg ins Hinterland entdecke ich eine Bicicletaria, genau gegenüber einer Bar. Während die Jungs im Fahrradladen schrauben was das Zeug hält lasse ich mir ein kühles Bier schmecken. Der Besitzer der Bar ist gebürtiger Portugiese, schön, auch in Brasilien mal Wörter mit „L“ am Schluss zu hören... Umgerechnet 2 Euro hat mich dieser Zwischenstopp gekostet, 1,30 fürs Bier und 70 Cent für einen kompletten Kundendienst.

Mit frisch geölter Kette und fein justierten Gängen geht’s jetzt zur Sache. 10 Kilometer muss ich auf der BR 101 durchstehen, der LKW-Rennstrecke, die Brasilien fast komplett in Küstennähe von oben nach unten durchläuft. Zum Glück kann man meistens auf einen breiten Seitenstreifen ausweichen, Spaß macht das hier allerdings nicht. Jeder Laster, der vorbeidonnert, wirbelt einem Unmengen Sand und Staub in die Augen.

Aber bald wird es wieder ruhiger. Auf der Nebenstrecke nach Porto de Galinhas geht es bei einer elenden Hitze durch hügelige Zuckerrohrfelder. Aber ich will mich gar nicht beklagen, denn mit den Erntehelfern auf den Feldern möchte ich wirklich nicht tauschen. Geerntet wird in Handarbeit, das ist billiger als Maschinen. Wer da drin als Tagelöhner sein Brot verdienen muss, der weiß am Abend, was er geleistet hat.

Am frühen Nachmittag erreiche ich bei Porto de Galinhas wieder das Meer. Glasklares Wasser, kilometerlange, palmengesäumte Sandstrände in einer von Riffen geschützten Bucht, Jangadas, die einen bei Ebbe raus zu den Riffen bringen, quirliges Strandleben, hier kann man es aushalten.

So, 23.10
Porto de Galinhas – Tamandaré

Nach einem erholsamen Samstag und einer weniger erholsamen Samstag Nacht geht es nun weiter, ab hier soweit möglich direkt am Strand. Noch ein ordentliches Frühstück und eine Runde im Pool, dann radle ich gleich runter an den Strand und schlängle mich an den Badegästen vorbei in Richtung Pontal de Maracaípe. Dort, an der Flussmündung, haben ein paar findige Wirte Tische und Stühle ins seichte Wasser gestellt. Da komme ich natürlich unmöglich ohne Zwischenstopp vorbei. Den ganzen Vormittag lasse ich mich im warmen Wasser treiben und paddle gelegentlich an meinem Erfrischungsgetränk vorbei.

Dann bringt mich ein Floß auf die andere Seite des Flusses. Es geht etliche Kilometer entlang einsamer Buchten, bis ich schon wieder vor einem breiten Fluss stehe. Auf der anderen Seite liegt Barra do Sirinhaém, zahlreiche Badegäste vergnügen sich dort am Strand, aber auf „meiner“ Seite ist weit und breit niemand zu sehen, der mich rüberpaddeln könnte. Aber da, ein Stück flussaufwärts, da bewegt sich was. Und tatsächlich, ein paar hundert Meter flussaufwärts stehen ein paar Luxusvillen mit davor ankernden Luxusjacht, und direkt dazwischen legt eine kleine Fähre an. Sogar mit „Fahrradanhänger“, also einem kleinen Floß im Schlepptau.

Barra do Sirinhaém ist ein lebhafter kleiner Fischerort, aber es ist erst früher Nachmittag, ich will noch ein paar Kilometer weiter. Die Strände werden jetzt mit jedem Kilometer schöner und einsamer. Insbesondere der „Praia de Guadelupe“ mit seinen weißen Sandstränden und den bis ins Wasser ragenden Kokospalmen hat es mir angetan. Es ist gerade Flut, da kommt man am Strand sowieso nicht gut voran, und so sammle ich ein paar Kokosnüsse ein und mache es mir eine Weile gemütlich.

Der nächste größere Fluss, der Rio Formoso, macht mir Sorgen. Da hab ich noch keine Ahnung, wie ich rüber kommen soll. Dort gibt es nämlich jede Menge Mangrovensümpfe, der Fluss ist im Mündungsbereich über einen halben Kilometer breit und mangels Ortschaft wird man dort wohl keinen regulären Fährdienst vorfinden.

Aber ich habe Glück. Mitten in den Mangroven gibt es ein großes Restaurant mit Bootsanlegestelle. Eigentlich werden hier Touristen aus einem der „Ressorts“ gegenüber oder gar aus Tamandaré angelandet, um sich die Mangroven anzuschauen und natürlich um die Kassen des ansonsten doch etwas abseits gelegenen Restaurants klingeln zu lassen. Als ich da aus heiterem Himmel mit meinem Rad aufkreuze werde ich sogar kostenlos mit rüber genommen.

Die restlichen 10 Kilometer bis Tamandaré sind aufgrund der immer noch herrschenden Flut etwas mühsam, die parallel verlaufende Straße besteht aber aus noch tieferem Sand und ist damit auch keine Alternative. Rechzeitig bei Einbruch der Nacht (um halb 6) erreiche ich den „Stadtstrand“, dort finde ich neben einer gemütlichen Pousada ein paar noch geöffnete Strandbars für einen gemütlichen Tagesausklang.

Mo 24.10
Tamandaré – Sao José da Coroa Grande

Heute ist Montag, die Wochenendtouristen aus dem nahen Recife sind wieder abgezogen und so habe ich morgens um 7 die herrliche Palmenbucht von Tamandaré ganz für mich allein. Der größte Teil lässt sich ganz gut fahren, teils muss ich aber aufgrund des weichen Sandes schieben.

Dann kommt schon das nächste Hindernis: hinter ein paar Mangroven, durch die ich mich gekämpft habe, taucht wieder einmal ein kleiner Fluss auf. Normalerweise kommt man an solchen Flüssen am besten ganz vorne an der Mündung rüber. Bei diesem hier ist es aber zu tief, ich muss es weiter hinten probieren. Nach längerem Suchen finde ich eine Stelle, an der ich gerade so rüber komme. Das Wasser reicht mir bis zum Hals, jetzt nur keinen Fehltritt, sonst liegt das schöne Rad im Wasser.

Danach geht es weiter durchs Mangrovendickicht, nach wenigen Minuten stehe ich jedoch schon wieder an einem Fluss. Auch der ist nur ein paar Meter breit, aber viel zu tief und außerdem zu schlammig, um zu Fuß rüber zu kommen. Ich probiere es wieder flussaufwärts, aber da wird es auch nicht besser. Nach fast einer Stunde Sucherei im Dickicht stehe ich wieder vorne an der Mündung. Inzwischen ist das Wasser etwas abgesunken, ich probiere es noch mal ganz vorne an der Brandung, und siehe da, ich finde eine Stelle an der ich gerade so rüber komme. Auch die restlichen Mangroven kann ich jetzt bei Ebbe „vornerum“ umgehen, mit dem Rad auf dem Buckel, bis ich endlich wieder freie Fahrt habe.

Bis zum Rio Una habe ich jetzt einen schönen breiten Sandstrand, lediglich an zwei Stellen muss man mal kurz über ein paar Felskuppen schieben. Am Fluß habe ich wieder Glück, ein Fischer ist gerade auf dem Rückweg und paddelt mich mit rüber.

Am frühen Nachmittag erreiche ich Sao José, dort gefällt es mir so gut, das ich für heute Schluss mache. Direkt am Ortsrand verläuft die Staatsgrenze, morgen früh geht es bereits rüber nach Alagoas.





Und hier noch ein paar Bilder aus Pernambuco:

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Sümpfe rund um Recife

















Am Strand bei Porto de Galinhas

















Willkommene Abkühlung in Porto de Galinhas

















Praia de Maracaípe

















Nur noch wenige Meter bis zur nächsten Strandbar. Dazwischen allerdings der Rio Sirinhaém.

















Radlerfähre über den Rio Sirinhaém

















Warten auf Ebbe am Praia de Guadelupe

















Rio Formoso

















Abendstimmung in Tamandaré

















Spuren im Sand

















Eine der zahlreichen Flußquerungen

















Hindernisrennen durch die Mangroven

















Einsame Palme bei Barreiros

















Endloser Strand bei Barreiros

www.transamazon.de/recifesalvador.html



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Radtour Recife - Salvador

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